SPD-Politiker informieren über Flüchtlingspolitik - Bürger und junge Flüchtlinge diskutieren lebhaft

Veröffentlicht am 29.02.2016 in Bundespolitik

Eggenfelden. Mit sehr großem Interesse aus der Bevölkerung wurde die Diskussionsveranstaltung der SPD Eggenfelden und den umliegenden Ortsvereinen Hebertsfelden, Massing, Gangkofen und Wurmannsquick zur Flüchtlingspolitik verfolgt. Hauptredner waren parlamentarischer Staatssekretär Florian Pronold, MdB und Landtagsabgeordneter Bernhard Roos.  Ortsvereinsvorsitzender Benjamin Lettl moderierte die Diskussion, bei der auch drei junge Geflüchtete ihre Erlebnisse in der Heimat und ihre derzeitige persönliche Situation darstellten.

Lettl verdeutlichte in seiner Begrüßung, dass das Thema Flüchtlinge viele Menschen bewegt. Er zeigte sich entsetzt von der zunehmend menschenverachtenden und aggressiven Stimmung gegen Asylsuchende, sowohl auf der Straße wie auch in sozialen Medien. Seinen ganz persönlichen politischen Kompass erläuterte er mit dem Zitat von August Bebel „Friede soll anstelle des Krieges treten und die Solidarität der Interessen an die Stelle der Selbstsucht rücken“.

Landtagsabgeordneter Bernhard Roos kritisierte die CSU, die mit ihren teils aggressiven Formulierungen niedere Instinkte bediene und dadurch den Blick auf den einzelnen, Schutz suchenden Menschen, verhindere. Verschärften Grenzkontrollen und einer Obergrenze erteilte er eine deutliche Absage, da dies populistische Forderungen seien und keine praktikablen Maßnahmen darstellten. Gleichzeitig lobte Roos die Verwaltung des Freistaats, die  effektiv und human arbeite. Roos verdeutlichte, dass der Bayerische Landtag etwa 2 Milliarden Euro in die Milderung von Defiziten investiert habe, die bei Bildung, Sicherheit, Arbeit und Wohnen, unabhängig von der Flüchtlingssituation, bestanden. „Die Kommunen müssen allerdings noch deutlich besser unterstützt werden“, so Roos.

Die Aufnahme einer Integrationspflicht in die Bayerische Verfassung entspreche nicht dem Verständnis der SPD, da der Wertekanon von Grundgesetz und Bayerischer Verfassung für alle Menschen gelte. Die Integration gelinge überall dort, wo Bürger und Flüchtlinge aufeinander zugehen und sich respektieren. „Wenn wir uns bei der Integration anstrengen, wird Bayern profitieren und zusätzlich Wettbewerbsvorteile schaffen“, ist Roos überzeugt.

Staatssekretär Florian Pronold verdeutlichte zu Beginn seines Wortbeitrags, dass bereits im Januar 2016 mit rund 2 500 Asylbewerbern pro Tag deutlich weniger Menschen nach Deutschland eingereist sind als Im Sommer und Herbst 2015 (bis zu 8 000 Personen täglich). Besonders häufig stellten Personen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan einen Asylantrag. Anträgen aus Syrien werde in fast allen Fällen stattgegeben, wobei Anträge aus Albanien oder Serbien, fast ausschließlich abgelehnt würden.

Pronold skizzierte auch einige Lösungsvorschläge. So müssten die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in den Nachbarregionen der Krisen- und Bürgerkriegsgebiete dringend stabilisiert werden. Außerdem müsse die Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union gewährleistet werden. Die Bundesregierung unterstütze den Vorschlag der EU-Kommission für eine bessere europäische Grenzsicherung und Küstenwache. Außerdem solle mit der Türkei ein Rücknahmeabkommen geschlossen werden, damit es sich für Flüchtlinge nicht mehr lohne, sich in die Hände von Schleppern zu begeben. Die SPD-Fraktion habe sich außerdem darauf verständigt, mit Hilfe des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen Kontingente für Flüchtlinge zu vereinbaren, die aus der Türkei, dem Libanon, Jordanien und dem Irak nach Deutschland und nach Europa kämen. Dies ermögliche einen kontrollierbareren Flüchtlingszustrom. Durch die Erhöhung des Personals des BAMF auf 7 000 Stellen erwarte man, dass sich die Bearbeitungszeit der Asylanträge in 2016 substantiell verringere. Zudem erläuterte Pronold, dass abgelehnte Asylbewerber, die nicht freiwillig ausreisen, sich künftig der Abschiebung nicht mehr entziehen können sollen.

Besonders aufmerksam wurde der Saal bei den Wortbeiträgen von drei jungen Geflüchteten. Moha Abdirizak aus Somalia erklärte: „Deutschland gibt Schutz und eine Zukunft“. In verständlichem Deutsch berichtete er den Zuhörern, dass in Somalia seit 25 Jahren Krieg herrsche. Er strebe eine Ausbildung als Informatiker an und möchte im Sommer seinen Schulabschluss absolvieren. Er bedankte sich sehr herzlich für die Unterstützung, die er von den Menschen in Deutschland und Eggenfelden erfahren hatte. Zutiefst bedauerte der junge Mann, dass er bereits seit zwei Jahren auf sein Interview in Bezug auf seinen Asylantrag warten müsse.

Kidane Fisehaye aus Eritrea sagte: „Eltern wollen Sicherheit für ihre Kinder“. Er möchte im Herbst eine Ausbildung als Schreiner beginnen. Er habe sich bereits sehr gut in Eggenfelden eingelebt, finde es aber schade, noch keinen offiziellen Spielerpass für die Fußballmannschaft erhalten zu haben. Er sei kein Wirtschaftsflüchtling, ihm mangele es nicht an Geld sondern an Sicherheit. Und die Eltern der unbegleiteten Flüchtlinge wollten ihre Kinder eben einfach nur in Sicherheit wissen, ohne Krieg und ohne Bomben.

Der Afghane Djawad Hasehmi floh bereits vor 5 Jahren aus dem Iran nach Deutschland. Seine Verwandten lebten aktuell in der Schweiz und im Iran. Bei einer drohenden Abschiebung würde er gänzlich ohne Verwandtschaft in Afghanistan leben müssen, obwohl er das Land nicht kenne und auch keinen Bezug zu den Menschen habe, da er im Iran aufgewachsen sei. Er wäre dann ein Fremder in seiner Heimat. Sein Asylgesuch sei noch immer nicht entschieden. Seit 5 Jahren lebe er mit der Angst, dass es eines Morgens heiße: „Du musst jetzt zurück nach Afghanistan“. Djawad hat bei der Firma Egger eine Ausbildungsstelle als Einzelhandelskaufmann bekommen. 

3. Bürgermeisterin Johanna Leipold verdeutlichte in ihrem Redebetrag die Offenheit Eggenfeldens. Die Stadt lebe Willkommenskultur. Allerdings betonte sie, den Kommunen müsse schnellstmöglich und umfassend finanziell geholfen werden, damit die Aufgaben vor Ort menschenwürdig gelöst werden könnten. Dazu überreichte sie Staatssekretär Pronold einen Brief von 1. Bürgermeister Wolfgang Grubwinkler, in dem dieser darstellte, was an Hilfen für die Kommunen momentan von Nöten sei.

AWO-Kreisvorsitzender Hermann Leipold appellierte an die Zuhörer, die vorhandene Solidarität und Unterstützung auch weiterhin allen Menschen zu Teil werden zu lassen, die der Hilfe bedürften.

Auf die Frage von Konrad Gellinger, weswegen sich die SPD für Mindestlohn von 8,50€ auch für Flüchtlinge einsetze antwortete Staatssekretär Pronold: „Wenn auf dem Arbeitsmarkt Flüchtlinge vom Mindestlohn ausgenommen werden, werden sie die Menschen, die aktuell vom Mindestlohn profitieren, wieder vom Arbeitsmarkt verdrängen“.

Dr. Jürgen Riedler vom BUND wollte wissen, weswegen so viele SPD-Abgeordnete für das Syrien-Mandat gestimmt hätten. Diese Frage beantwortete Pronold sehr ausführlich und verdeutlichte, dass er diesem Einsatz zugestimmt habe, weil er davon überzeugt sei, dass dies aktuell die richtige Entscheidung sei, wenn gleich er nicht wisse, ob diese Entscheidung hinterher Erfolg verspreche.

Stellv. Ortsvorsitzender Thomas Asböck hakte bei der Zusammenarbeit mit der Türkei nach. Wohl wissend, dass die Entwicklung in diesem Land unter Staatspräsident Erdogan als kritisch anzusehen sei, sehe Pronold aktuell keine andere Möglichkeit als mit der Türkei zusammenzuarbeiten, weil die fliehenden Menschen dort Unterstützung benötigten.

Im Anschluss an die Diskussionsveranstaltung im Stadtsaal besichtigte die SPD-Vorstandschaft zusammen mit MdL Bernhard Roos die Asyl-Erstaufnahmeeinrichtung in Zainach. Man erfuhr, dass derzeit nur 40 Personen untergebracht seien, die in den kommenden Tagen, Wochen oder Monaten in ganz Deutschland verteilt würden. Ortsvorsitzender Benjamin Lettl bewertete die Situation vor Ort als gut, weil die Geflüchteten von der Heimleitung und dem Personal des Gebäudeschutzes sehr menschlich behandelt würden. Allerdings sei man sich einig, dass eine Unterbringung von bis zu 250 Personen in einer ehemaligen Fabrikhalle schon erschreckend anmute. Ein abgetrennter Schlafraum für 6 Personen sei nur etwa 10 qm groß und lediglich durch Industriefolie als Sichtschutz abgetrennt. Eine fachliche Betreuung der Asylsuchenden durch Lehrkräfte, Pädagogen oder Psychologen sei in der Notunterkunft ebenfalls nicht vorgesehen. „Angesichts einer Verweildauer bis zu sechs Monaten sehen wir als örtliche SPD diesen Umstand schon kritisch. Hier ist die Politik aufgerufen, nach Möglichkeit Abhilfe zu schaffen“, so stellv. Ortsvorsitzender Thomas Asböck.

Gästeliste:

Stadt- und Kreisrätin Renate Hebertinger (SPD), Stadtrat und Umweltreferent Martin Roiner (SPD), Stadtrat und Kulturreferent Hans Peter Luibl (SPD), Stadt- und Kreisrat Karl Riedler (SPD), Altbürgermeister, Stadt- und Kreisrat Werner Schießl (FWG),  SPD-Kreisvorsitzender Rottal-Inn Dr. Jürgen Rampmaier und SPD-Kreisvorsitzender Dingolfing-Landau Dr. Bernd Vilsmeier, Stadträtin und Sozialreferentin Dr. Monika Müller-Rampmaier (SPD Pfarrkirchen), 2. Bürgermeister Christian Thiel aus Massing, 3. Bürgermeister Klaus Ksienzyk aus Hebertsfelden, 3. Bürgermeisterin Maria Bellmann aus Arnstorf, stellv. Landrat Kurt Vallée, SPD-Ortsvereinsvorsitzende: Adolf Reithmeier (Massing), Martin Stallhofer (Hebertsfelden), Andreas Maier (Baumgarten-Peterskirchen), Christa Hindshammer (Egglham), Peter Hitzenauer (Julbach-Kirchdorf), Ludwig Stummer (Bad Birnbach), Dr. Jürgen Riedler, 2. Vorsitzender BUND Kreisverband, AWO Kreisvorsitzender Hermann Leipold, Vorsitzender Freundeskreis Balatonalmadi Bruno Holzleitner, Vorsitzender der Krieger- und Reservisten Ortsverband Eggenfelden Karl-Heinz Franke.


weitere Bilder von der Veranstaltung:

Flüchtlingspolitik 20.02.2016


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